CHECKLISTE
Was ist zu beachten, wenn Menschen mit Behinderung an einer kirchlichen Veranstaltung teilnehmen?
Vorwort: Diese Checkliste will Mut machen und Anregungen geben. Bitte stellen Sie sich die Frage: Welche Menschen mit Behinderung leben in unserem Einzugsgebiet? Wen können und wollen wir erreichen?
Koordinator oder Arbeitsgruppe
Besonders geeignete Personen:
- Christen, die selbst mit Behinderung leben
- Christen, die beruflich mit Menschen mit Behinderung zu tun haben.
Darauf sollte geachtet werden:
Besucher mit Rollstuhl:
- Stufen zum Veranstaltungsraum: Rampen aus Holz oder Schienen besorgen. Baumärkte oder Sanitätshäuser anfragen, ob sie diese ausleihen.
- Notlösung: Vier kräftige Mitarbeiter stehen bereit und helfen über das Hindernis. Achtung: Den Rollstuhlfahrer vorher fragen, wo und wie man den Rollstuhl anfassen muss.
- Der Treffpunkt für diejenigen, die dem "Ruf zur Entscheidung" folgen wollen, muss auch für Besucher mit Rollstuhl erreichbar sein. Gegebenenfalls bauliche Veränderungen vornehmen.
- Wenn keine rollstuhlgerechte Toilette vorhanden ist, kann ein transportables rollstuhlgerechtes Toilettenhäuschen besorgt werden.
Besucher mit Sehbehinderung:
- Mitarbeiter darauf hinweisen, dass eventuell ein Blindenhund mit in die Veranstaltung kommt.
- Muss eine Begleitperson gestellt werden?
- Wenn Evangelisten Power Point Präsentationen verwenden, müssen diese von einer Begleitperson erklärt werden.
- Liedtext z.B. vom Wochenlied in Brailleschift (Blindenschrift) herstellen.
Besucher mit Sprachbehinderung:
- Eine weitere Person zur besseren Verständigung hinzuziehen.
- Der Seelsorger spricht z.B. allein das Gebet und weist vorher darauf hin, dass die Vorgabe im Herzen gebetet werden kann, also nicht gesprochen werden muss.
- Bei Sprachhemmungen signalisieren "Ich habe Zeit."
- Nicht auf den Mund schauen. Außer bei Spastikern. Da ist der Blick auf den Mund wichtig.
- Nicht "die Worte aus dem Mund nehmen."
- Als Mitarbeiter locker bleiben.
- Schreibgespräch nutzen.
- Achtung Evangelisten: Keine Witze über Stotterer. Grundregel: Überhaupt keine Witze auf Kosten anderer Menschen.
Besucher mit Hörbehinderung:
- Sprechtempo verlangsamen (ohne zu dehnen)
- Gut artikulieren (Mundbild!)
- Lichteinfall beachten (Schattenbildung auf dem Mund des Sprechenden verhindert Absehbarkeit)
- Keine abgedunkelten Seelsorgeräume
- Beim Gespräch in Gruppen signalisieren, wer das Gespräch fortsetzt und Thema benennen
- Bei dauerhaften Kontakten könnte ein Mitarbeiter beginnen, die Gebärdensprache zu lernen.
- Natürliche Gesten helfen weiter, Zuwendung und Bemühen sind wichtige Signale...
- Akustische Bedingungen beachten (Hall, Geräusche)
- Hörschleife installieren lassen und Hinweisschilder anbringen.
- Hörgeräteakustiker helfen gern, wenn z.B. in der Veranstaltung auf die Firma hingewiesen wird.
- Beachte die Unterschiede: gehörlos (nicht taubstumm) - schwerhörig - spätertaubt
- Und: Niemand möchte angeschrieen werden, es hilft weder emotional noch akustisch zur Verständigung.
Begleitung & Fahrdienst:
- Wird eine Begleitperson benötigt, wird diese vom Veranstalter gestellt. Um Berührungsängste abzubauen, ist ein Besuch vor der Evangelisationswoche sinnvoll.
- Fahrdienst für Menschen, die nicht selbständig zur Evangelisationsveranstaltung kommen können. Ein Vorstellungsbesuch ist ratsam.
- Kann der Besucher im Rollstuhl nur sitzend transportiert werden? Wenn ja, kann er nur mit einem speziellen Behindertenfahrdienst abgeholt werden. Diese Fahrzeuge gibt es in jedem Landkreis. Die Kosten (z.B. 0,77 € pro km im Landkreis Annaberg) für die Beförderung von diesen Personenkreis muss natürlich der Einladende/Veranstalter zahlen.
Werbung
- Mitarbeiter, die mit einer Behinderung leben, sind auch Einladende. Zum Beispiel bei Straßenaktionen.
- Menschen mit Behinderung sollen auch eingeladen werden.
- Auf der Einladung für die Veranstaltung muss folgendes stehen:
- Versammlungsraum ist ohne Stufen erreichbar
- Behindertentoilette vorhanden
- Hilfen für Schwerhörige vorhanden
- Mit Dolmetscher für Gebärdensprache
Programm
Menschen mit Behinderung kommen im Programm vor:
- Die Arbeit eines christlichen Kreises von Menschen mit Behinderung wird vorgestellt.
- Ein Mensch mit Behinderung wird über sein Leben und seinen Glauben interviewt.
- Werden gehörlose Menschen erreicht, muss natürlich ein Gebärdensprachdolmetscher zum Einsatz kommen. Jeder Kirchenbezirk in Sachsen hat einen Pfarrer, der für diese Arbeit zuständig ist.
- Infos bei Landesbeauftragten der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens: > Raik Fourestier Tel.: 03528-455880, e-mail:
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. - Für Menschen mit geistiger Behinderung kann auch eine Extra-Veranstaltung angeboten werden. Hier braucht es aber eine besondere Verkündigung und besonders geschulte Seelsorgemitarbeiter.
- Menschen mit psychischer oder geistiger Behinderung können sich während der Veranstaltung ungewöhnlich verhalten. Seelsorger und Ordner sollten darauf eingestellt sein.
- Die Veranstaltungen auf MC, CD, DVD oder Video aufzeichnen, denn viele Menschen mit einer Behinderung können an einer Abendveranstaltung nicht teilnehmen. Durch Besuchsdienst oder eine besondere Veranstaltung können so Menschen mit Behinderung erreicht werden. Auch dabei müssen Seelsorgemitarbeiter ansprechbar sein.
Seelsorge
- Mitarbeiter, die im Umgang mit unterschiedlichen Behinderungen geschult sind und keine Berührungsängste haben.
- Bei Gesprächen der Mitarbeiter mit Menschen die im Rollstuhl sitzen darauf achten, dass Gespräche immer in Augenhöhe dessen der im Rollstuhl sitzt geführt werden. Sich entweder gegenüber setzten oder hocken.
- Seelsorge an Menschen mit gravierenden Lebensproblemen oder einer psychischen Behinderung überfordert in der Regel die Seelsorgemitarbeiter. Bitte mit kompetenten christlichem Fachpersonal Kontakt aufzunehmen.
- Institut für Seelsorge und Beratung, www.isb-plauen.de
- Berateradressen hier zum Download im PDF-Format (20 KB)
- Klinik Hohe Mark (Psychiatrie, Psychotherapie), Friedländer Str. 2, 61440 Oberursel, Tel.: 01805-46436275
- Regionale christlich-diakonische Selbsthilfegruppen (mit Fachkräften): z.B. Blaues Kreuz, Kaleb...
- Christliches Fachkrankenhaus Elbingerode
- Diakonisches Werk, Beratungsstellen
Begrüßungsdienst
- Menschen mit Behinderung, die ohne Begleitung zur Evangelisation kommen, bitte taktvoll ansprechen, ob sie Hilfe benötigen und wie man helfen kann. Abgelehnte Hilfe akzeptieren. Grundsatz: Was ein Mensch mit Behinderung selber kann, will er auch selber tun.
- Der Begrüßungsdienst informiert über die Gegebenheiten vor Ort z.B. Behindertentoilette, Hörschleife...
TIPPs für Prediger, Evangelisten, Musiker und Moderatoren:
- Bei der Aufforderung zum Aufstehen (Segen, Singen, Spiele...) nicht davon ausgehen, dass alle Besucher aufstehen können. "...bitte alle , denen es möglich ist, jetzt mal aufstehen."
- Prüfe Deine Sprache: "Taubstumm" ist ein falscher Begriff.
Nacharbeit
- Wie können und sollen Menschen mit Behinderung zukünftig in die Gemeinde integriert werden?
- Bei der Planung für die Nacharbeit (z.B. Glaubenskurs) Menschen mit Behinderung im Blick haben.
- Adressen
Kritik
Immer auch mit kritischen Anfragen rechnen, ob sich denn der Mehraufwand überhaupt "lohnt".
Auch die Kritik "Ihr nutzt die Notsituation der Leute aus, um für den christlichen Glauben zu werben" kann nicht unerwidert bleiben. Jesus hat auch nicht zum blinden Bartimäus gesagt "Ich will deine Notsituation nicht ausnutzen. Lass uns mal darüber reden, wenn es dir besser geht."
Zum AK Menschen mit Behinderung gehören: Hannes Querner, CKV Annaberg / Thomas Leistner, Hundshübel / Andrea Dürigen, Zschorlau / Peter Popp, Behindertendienst der JG / Thomas Günzel, Berufsbildungswerk Leipzig für Hör- und Sprachgeschädigte / Sebastian Lamm, CKV Annaberg / Lutz Scheufler, Jugendevangelist / Andrea Hillig, CKV Annaberg
Diese Checkliste ist nicht abgeschlossen. Für weiterführende Anregungen sind wir dankbar.
Kontakt: