Aus Liebe zum Leben

Aus Liebe zum Leben - „Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen!“ schreibt der Apostel Paulus am Ende des 1. Korintherbriefes an seine Mitchristen (1. Kor. 16,14). Diese Worte, die uns 2024 als Jahreslosung begleiten, scheinen wie gemacht für unsere Zeit. Verbitterung und Unmut treiben Menschen auf die Straße oder in den Streik. Harsche Worte fliegen wie Pfeile durch die Luft. Ein Gespräch scheint kaum noch möglich. Die Fronten sind verhärtet. Menschenverachtende Äußerungen lassen uns erschrecken. Nur noch klein - der Schritt zur Gewalt?

Wir sind verunsichert. Wo geht das alles hin? Die ganze Welt ist in Aufruhr. Krieg, Populismus, Hass, überzogener Nationalismus, gegenseitige Schuldzuweisungen und eine von Menschen bedrohte Natur, die unser aller Lebensgrundlage ist, wecken Angst und Sorge. Wo breite Schultern im Streit gefragt sind, bleibt die Liebe leicht auf der Strecke. Und überhaupt: Ist die Liebe nicht viel zu schwach, um in einer solchen Situation etwas zu bewegen? Zu sanft ihre Stimme. Zu wenig durchdringend. Zu ohnmächtig … Schließlich ist das Leben kein Märchen, in dem immer das Gute und damit die Liebe siegt.

Paulus setzt seine Worte sehr überlegt an das Briefende. In Korinth schlagen die Wellen hoch. Da geht es um Glaubenserfahrungen, mit denen sich manche schon im Himmel wähnen, während andere mit der Mühsal des Alltages zu kämpfen haben. Dabei bleiben handfeste soziale Fragen auf der Strecke. Damals war das Abendmahl noch mit einer richtigen Mahlszeit verbunden. Doch die Hafenarbeiter und einfachen Leute in der Gemeinde konnten nie rechtzeitig dasein. Wenn sie endlich zum Gottesdienst kamen, waren die Teller bereits von den Reichen gelehrt. Paulus findet dafür deutliche Worte. Ein Glaube ohne Liebe bleibt leer. Liebe erschöpft sich nicht in Worten. Liebe braucht die Tat, damit Glaube und Hoffnung wachsen. Deshalb fasst Paulus seinen Brief in den Worten: „Wachet, steht im Glauben, seid mutig und seid stark! Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen zusammen.“ Aus Liebe zum Leben.

Paulus meint damit nicht zuerst die menschliche Liebe. Die kann wie gesehen und oft genug selbst erfahren an Grenzen kommen – gerade in Grenzsituationen. Paulus stellt die Liebe Gottes in den Mittelpunkt. Diese Liebe hält, was sie verspricht. Sie geht dem Leid nicht aus dem Weg. Sie nimmt den Tod in Kauf und geht doch nicht zugrunde. Die Liebe bleibt. Jesus lebt. Aus Liebe zum Leben! Das ist die Osterbotschaft, die wir schon bald feiern.

Diese Liebe, die jedem Menschen Wert und Würde schenkt, lässt uns immer wieder aufstehen, auch wenn wir mit unserer Liebe gescheitert sind. Sie lehrt uns, dass die Liebe den längeren Atem behält und auch wenn sie nicht sofort ans Ziel kommt, eine verändernde Kraft besitzt.

Unsere Zeit braucht Menschen, die auf diese Liebe Gottes setzen, aus ihr schöpfen und sie immer wieder in menschliche Taten ummünzen.

Sie tun das Tag für Tag, indem Sie füreinander da und miteinander unterwegs sind. Mutig und stark, manchmal vielleicht auch zweifelnd und schwach und doch immer wieder neu. So bleibt das Leben trotz aller Belastungen und Einschränkungen lebenswert und schenkt ein Lächeln, Freude und Erfüllung. Pflegen wir diese Liebe, die Liebe zum Leben!

Worte von Mascha Kaléko bei einer Predigtvorbereitung gefunden, gehen mir dabei nach. Sie erzählen von der Freude an den kleinen Dingen des Lebens und ich bin überzeugt, wenn wir diese suchen, werden wir die Liebe finden – die Liebe zum Leben. Ich freu mich, dass am Himmel Wolken ziehen und dass es regnet, hagelt, friert und schneit. Ich freu mich auch zur grünen Jahreszeit, wenn Heckenrosen und Holunder blühen – dass Amseln flöten und das Immen summen, dass Mücken stehen und dass Brummer brummen, dass rote Luftballons ins Blaue steigen, das Spatzen schwatzen und das Fische schweigen. Ich freu mich, dass der Mond am Himmel steht und dass die Sonne täglich neu aufgeht, dass der Herbst dem Sommer folgt und Lenz dem Winter, gefällt mir wohl. Das steckt ein Sinn dahinter, wenn auch die Neunmalklugen ihn nicht sehn. Man kann nicht alles mit dem Kopf verstehn!

Ich freue mich. Das ist des Lebens Sinn. Ich freue mich vor allem, dass ich bin. In mir ist alles aufgeräumt und heiter: Die Diele blitzt. Das Feuer ist geschürt. An solchen Tagen erklettert man die Leiter, die von der Erde in den Himmel führt.

Da kann der Mensch, wie es ihm vorgeschrieben, weil er sich selber liebt – den Nächsten lieben.

Ich freue mich, dass ich mich an das Schöne und an das Wunder niemals ganz gewöhne. Das alles so erstaunlich bleibt, und neu! Ich freu mich, dass ich … Dass ich mich freu.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gesegnete Zeit.

Steffi Stark, Pfarrerin

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